Kahlschlag mit Folgen

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Mitglieder im Igelhilfe-Forum, liebe Besucher*innen hier,


    ich wohne in einem Ferienhausgebiet, das in den 1970er Jahren entstanden ist. Nach dem "Zauberwald", wo ich kürzlich die Benjeshecke aufgefrischt habe, gibt es eine für heutige Autos viel zu schmale, aber hübsche Teerstraße, Diese "Fischergasse" hat zur rechten Seite einen 10m breiten und in 40-50 Jahren gewachsenen Grüngürtel mit entsprechemd gigantischem Baumbestand, zur linken Seite gibt auch einen breiten Baumstreifen mit hohen Bäumen und anschließend einem 50 m breiten Schilfgürtel bis hin zum See. Im Sumpfgebiet gibt es noch sehr viele Arten von Amphibien und Sumpfschildkröten.


    Dieses Naturreservat ist nach rechts gesehen mittlerweile natürlich ein Dschungel bis zur parallel geführten Bahnlinie und bis zur Bundesstraße (Abstand nur 10 m) , das massenhafte Blattwerk hat bisher den Lärm vom Auto- und Zugverkehr sehr minimiert. Es ist angenehm schattig und es ist unglaublich, welche Vielfalt an wildlebenden Tieren es hier zu hören und zu sehen gibt. Abgesehen von zahlreichen Insekten- und Käferarten hört man hier die Nachtigall, Singdrosseln, Kuckuck und Spechte, tagsüber kreuzen Kröten, Eidechsen, und Blindschleichen den Weg, in der Dämmerung sind Fuchs und Igel regelmäßig anzutreffen, während längerer Trockenzeiten lassen sich schon mal Wildschweine, Dachsee oder ein Goldschakal blicken, um auf der Wiese hinter dem Bahndamm ihren Hunger zu stillen.


    Seit Donnerstag letzter Woche (Mitte Mai) fressen sich buchstäblich rechts der Fischergasse schwere, ferngesteuerte Gerätschaften mit der Aufschrift "Forst" in den Dschungel, der nach zwei Tagen zu einem Drittel zermalmt, zerschreddert und kleingesägt war. Die linke Seite der Fischergasse hat auch massive Schäden erlitten durch die Maschinen, die zurückfahren, wenden und arbeiten mussten. Der Protest von noch wenigen Passanten konnte die "Forst-Mannschaf" mit 10 Mitarbeitern nicht beeindrucken, man hat gründlich "aufgeräumt", wie man auf den Fotos sieht.


    Eine kleine Handvoll Anwohner fand sich am Wochenende für einen Protestplan zusammen. Um die Information der traurigen Schredderaktion schnell und weit zu streuen, stellten wir die Fotos in mehreren Facebook-Gruppen ein, schnell kamen wir an zuverlässige Informationen der Gesetzeslage: Grundsätzlich gilt: Vom 1.3. bis 30.9. dürfen Bäume, Sträucher, Hecken nicht entfernt werden, sofern sie nicht krank sind. Der Wortlaut kam inklusive einem STOPPSCHILD auf viele Blätter Papier, das laminiert und an die noch mit rotem Punkt versehenen Bäume geklebt wurde. Sonntag schickten wir noch Alarmmails an die Bürgermeistereien (wir wollten wissen, wer diese Eingriffe zu verantworten hat), Natuschutzverbände und an einen Vogelschutzverein mit 7000 Mitgliedern. Es kam reichlich Bewegung in unsere Aktion.


    Diese Handvoll Anwohner verabredete sich für Montag früh um 7 Uhr, um Wache zu halten, notfalls wollten wir uns vor die Raupen und Bagger stellen, um ein weiteres Massaker zu verhindern. Es kam aber niemand, auch heute nicht.....wir wissen noch nicht, warum. Stattdessen suchten wir Vogelnester, Eichhörnchenkobel, um sie auf Fotos "zu sichern", die Naturschutzbehörde sagte uns, dass der Nachweis einer Eidechse reicht....Kinderspiel! Haben wir!




    Solche massiven Eingriffe in die Natur sollten in Zeiten des Klimawandels der Vergangenheit angehören. Bekanntlich hat die Natur keine Lobby, deshalb ist es wichtig, dass WIR AUFSTEHEN, UM UNS FÜR SIE EINZUSETZEN. Mitleid und Tränen helfen in solchen Dingen nicht und schwächen nur die Gruppe der Protestler, man muss tapfer zur Tat schreiten und Zivilcourage beweisen.


    In diesem Sinne mit aufrüttelnden Grüßen


    Heike Philipps


    P.S. Ich werde berichten, wie und ob es weitergeht.

    • Offizieller Beitrag

    Fortsetzung:


    Wir bleiben dran, inzwischen kam der Protest auch in der Hauptstadt an. Fakt ist, dass das in Rede stehende Naturreservat gesetzlich geschützt ist, wir wissen nur nicht, ob für immer oder nur bis Ende September. Fakt ist auch, dass der Verursacher (Auftraggeber) zur Rechenschaft gezogen wird, der Auftraggeber wird von Amts wegen noch ermittelt....


    Man sieht links die Bahnlinie und die Bundesstraße, zur rechten Seite den Schilfgürtel und das Seeufer.


    Ein ca. 25 m hoher Baum mit Eichhörnchenkobel.


    Ein Baum komplett mit (im Herbst blühendem) Efeu bewachsen, gut für Singdrossel & Co.


    Spechte sind etwas wert! Ein Specht schlägt mit umgerechnet € 75,-- Strafe zu Buche.


    Zur Erinnerung, dass hier nichts mehr zu fällen ist, STOPP-Schilder mit Gesetztestext.



    Einer von 30 Bäumen mit einen Durchmesser von mehr als 1,50 m, die mit dem roten Punkt markiert sind und auch fallen sollten....


    Fortsetzung folgt.

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Mitglieder im Igelhilfe-Forum, liebe Besucher*innen hier,


    es gibt einen ersten Entwurf eines Programmvorschlags, der an die Naturschutzbehörde geschickt werden soll:




    Programmvorschlag/Konzept Naturreservat Halázs utca zwischen Zánka und Balatonszepezd


    Ein erheblicher Teil des Naturreservats in der Halázs utca wurde Mitte Mai 2022 durch motorisierte Forstmaschinen massiv beeinträchtigt (Entfernung von Großbäumen, Strauchgürteln, Zerstörung von Nistplätzen wildlebender Tiere). Seitdem sammeln sich auf der freigelegten Fläche Haus- und Sperrmüll sowie Gartenschnittabfälle an. Ungeachtet dessen, aus welchem Grund das Grün zerstört wurde, möchten wir folgende Idee als nachhaltige Ersatz- oder Wiedergutmachungsmaßnahme vorschlagen, von der wir hoffen, dass Sie diesen Vorschlag als Fachbehörde befürworten und begleiten.



    Antragsvorschläge zum in Rede stehenden Areal als förderfähiges Projekt bei Interreg.eu „Living Gardens Projects“ ausarbeiten oder als Projektbeitrag zum Klimaschutz "Balatoni Partnerségi Program" erarbeiten, dem Schlüssel für lokale Regierungen, um sich erfolgreich an den Klimawandel anzupassen:


    • Zeitnah und vorbereitend dazu könnte das Reservat vom Müll befreit werden, ganz sicher kann das die Bürgerinitiative organisieren, erfahrungsgemäß kooperieren die Anliegergemeinden (Zánka und Balatonszepezd), indem sie die Entsorgung der Müllsammlung übernehmen.
    • Um weitere illegale Gartenschnitt- und Müllentsorgungen zu vermeiden, könnte eine Kameraüberwachung, wie sie in den Orten ohnehin üblich sind, helfen. Andererseits und anderswo eine legale Grünschnittentsorgungsmöglichkeit erarbeiten und den Anliegern anbieten, hier kann die Ausgabe von Kompostern im eigenen Garten die Menge erheblich reduzieren.
    • Der zerstörten Natur helfen, sich wieder zu regenerieren. Dringend empfehlenswert sind Ersatzpflanzungen heimischer und standortgerechter Bäume.
    • Der beschädigte Waldrand könnte an verschiedenen Stellen mit Schichthecken versehen werden. In der kommunalen Grünpflege fällt viel Baumschnitt an, das sich dafür eignet, zudem spart man den Energieaufwand für den sonst üblichen Häcksler.
    • Entwurf einer Informationstafel didaktisch aufbereitet zu Angaben zum Naturreservat, deren Besonderheiten zu Flora und Fauna, durchaus auch zur positiven Beeinflussung des Kleinklimas durch die Masse an Grün. Montage eines Schilderhauses, das witterungsbeständig ist. Damit auch ausländische Touristen sich informieren können, vielleicht auch in verschiedenen Landessprachen, mit Blindenschrift, alternativ als Sprachausgabe.
    • Ergänzung der Informationstafel mit separaten kleinen Hinweisschildern zu Flora und Fauna als Lern- oder Lehrpfad (ähnlich wie der Schilf-Pfad von der Mühle zum Fahrradrundweg in Gyenesdiás).
    • Die vorhandene Verbindungsstraße nicht verbreitern, übersichtliche breite Straßen befördern schnelleres Fahren und verursachen noch mehr Verkehr
    • Geschwindigkeitsreduktion und/oder Ausweisung als Spielstraße / Geschwindigkeitskontrollen und/oder Geschwindigkeitsanzeigen

    Begründung:

    • Das in Rede stehende Gebiet ist ohnehin schon sehr eingezwängt zwischen Gleiskörper (MAV) und der Verbindungsstraße (s.a. Luftaufnahme). Eine zusätzliche Beeinträchtigung durch Bebauung, Verbreiterung der Straße o.ä. mindert den Erholungs- und Naturwert erheblich.
    • Der Schilfgürtel mit seinem Amphibienbestand braucht ausreichend Platz nicht nur zum Leben, sondern auch Nachbarflächen zur Eiablage (Amphibien sind weltweit die größten Verlierer, die schon lange auf der Roten Liste stehen oder vom Aussterben bedroht sind), Ungarn hat sie noch – diese zu erhalten, muss das Motto sein!
    • Die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) braucht auch eine Umgebung für Eiablage und Überwinterung, Zäune der Anliegergrundstücke sollten deshalb ausreichende Durchschlupfmöglichkeiten haben, damit ein 8 cm Panzer auch hindurchkommt.
    • Weltweit spüren wir den Wandel des Klimas, umso mehr ist es wichtig, dass wir Menschen die noch vorhandene Natur erhalten und die zerstörte Natur wieder herstellen. Die Ängste der Menschen hinsichtlich der Klimaattacken müssen ernst genommen werden, gleichzeitig muss die Wertschätzung von Natur wieder mehr vermittelt werden, z.B. stellt sich die Frage:

    Welche Tiere und Pflanzen leben hier? Ovale Schilder auch mit lat. Namen, Blindenschrift

    • Eidechse, Blindschleiche
    • Ringelnatter
    • Frosch, Kröte, Sumpfschildkröte - Amphibien
    • Singvögel
    • Wild / Fuchs / Dachs / Wildschwein
    • Käfer
    • Wildbienen
    • Insekten, Tag- und Nachtfalter
    • besondere Bäume, Hecken, Sträucher
    • Blumen, Gräser, Schilf

    Eine Sitzbank zum Verweilen wäre sicher willkommen, zumal viele Touristen, Urlauber und Einheimische die Halázs ut. benutzen.


    Zusätzliche Wasserstellen (Teiche mit Sumpfzone, z.B. auf dem Friedhofsgelände oben im Ort am Wald, der von Amphibien für die Überwinterung aufgesucht wird.


    Wildbienenhotels an geeigneten Standorten aufstellen (gern auch auf dem Schulhof, Kita-Gelände, Rathaus, Strandbad, Apotheke….)


    Zum Informationspfad (Schilderhaus + einzelne Informationsschilder) könnte eine mehrsprachige Broschüre erarbeitet und erstellt werden, die den Nutzen und Aufbau von Schichthecken, Steinhaufen, Totholzhaufen, Trockenmauern, Holz/Käferkeller, Wasserstellen, beschreibt, um Anlieger zu motivieren, den „Nationalpark in den eigenen Garten“ zu holen.





    Im nächsten Schritt würden wir die Rathäuser beider Kommunen zu diesem Thema kontaktieren und wenn Sie zusätzliche oder andere Vorschläge haben, diese gern noch einarbeiten.


    Für eine Rückmeldung bedanken wir uns


    Mit freundlichen Grüßen



    XYZ


    Mit vielen Grüßen


    Heike Philipps


    http://www.pro-igel.de

    • Offizieller Beitrag

    Zu dem in Rede stehenden Gebiet gibt es ein paar Neuigkeiten, ich bin noch vorsichtig optimistisch, ob es wirklich weitergeht und ob diese Angelegenheit ein gutes Ende nimmt. Der in die ungarische Sprache übersetzte Vorschlag/Brief/Hilferuf hat uns ein Stück weiter gebracht:


    Es gibt eine Organisation "Balaton Oberland Nationslpark", die eine touristische Aufwertung von Landschaftsteilen mit Augenmaß im Einklang mit der Natur nicht nur ausarbeitet, sondern auch mit den Anlieger-Kommunen begleitet, wenn es finanzielle Förderungsmöglichkeiten auszuschöpfen gibt. Wenn von Seiten dieser Organisation der Vorschlag den Kommunen überbracht wird, hat so ein Vorschlag mehr Gewicht, er ist mehr wert. Aber es ist egal, wer den Vorschlag gemacht hat - Hauptsache man schützt dieses Biotop.


    Das Naturreservat wird nun von Expert*innen in Augenschein genommen und danach entschieden, ob man hier den Vorschlag modifiziert, abgespeckt oder noch aufgestockt umsetzen kann/möchte.


    Es ist ein "Dickebretterbohren" und immerhin ein Hoffnungsschimmer und wir fühlen uns als Bürger-Initiative etwas ernster genommen.


    Liebe Grüße


    Heike Philipps

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