Die Aufregung ist immer groß, wenn man unverhofft und ausgerechnet einem in Not geratenen Igel begegnet.
Das ist durchaus nachvollziehbar. Wenn Sie sich - auch als Neueinsteiger in der Igelscene - der Herausforderung stellen, helfen zu wollen, ist das sehr anerkennenswert, zumal eine Hilfsaktion nicht einfach zur Abgabeaktion in einer Wildtierstationen werden kann, weil Igel-Pflegestellen permanent ausgelastet sind und ohnehin sehr oft ihre Aufnahmekapazitäten überschreiten.
Der zweite Aufregungseffekt kommt, wenn man feststellt, dass man trotz vieler Kommunikationssysteme ganz schwer an einen persönlichen Rat von Expert/innen kommt - alle haben ihren Beruf, ihre Aufgabe und ihre Arbeit mit den Tieren, die kostbare Zeit in Anspruch nimmt. Jeder, den man fragt, rät zu etwas anderem und eine ohnehin bestehende Unsicherheit wird noch größer - möglicherweise überlegt man, das Tier wieder auszusetzen.
Als Alternative zu ellen möglichen gutgemeinten Ratschlägen gibt es das etwas andere online Igel-Hilfe-Forum, in dem Sie immer und relativ schnell online einen Rat zu ihrem individuellen Igel-Fund-Problem bekommen. Hier wird nicht kreuz und quer diskutiert, sondern Sie erhalten aus einer Richtung von langjährigen und ausgesuchten Igelpflege-Expertinnen aus dem Verein Pro Igel e.V. Hilfestellungen, Tipps, Anregungen, nach Möglichkeit auch Hinweise zu igelkundigen Tierarztpraxen und zu Behandlungsvorschlägen aus dem Fachbuch "Igel in der Tierarztpraxis" rund um den Igel als Patienten, aber auch rund um des Igels Lebensraum. Sie haben hier Zugriff auf einen Erfahrungswert von Millionen Arbeitsstunden aus der Praxis größerer und stark frequentierter Igelstationen mit mehr als 1.000 Igeln pro Jahr.
Wenn Sie also gerade einen Igel gefunden haben, lassen Sie ihn erst einmal ankommen:
- Karton - gern in Umzugskartongröße - (muss mindestens 50 cm hoch sein!) vorbereiten, mit mehreren Lagen Zeitungspapier auslegeni)
- Karton im Haus im geheizten Raum platzieren
- Igel hineinlegen und mit einer Rolle abgerolltem Toilettpapier oder einem sauberen Handtuch (ohne Löcher und Fäden) zudecken)
- Futter (1 Esslöffel Katzendosenfutter oder erkaltetes Rührei) und Wasser anbieten
- Wenn Flöhe herumspringen, den Karton mit einer Gardine oder Gaze abdecken (Flöhe gehen auch auf Haustiere)
Wenn der Igel ordentlich untergebracht ist, kümmern Sie sich um weitere Planungsmaßnahmen (z.B. Fohentfernung,....). Der erste Weg muss nicht immer gleich in die nächste Tierarztpraxis gehen, hier raten wir sehr dazu, eine wirklich igelkundige Tierarztpraxis aufzusuchen. Igelkundig deshalb, weil der Igel im Veterinärstudium nur am Rande behandelt wird und in vielen Tierarztpraxen die Erfahrumg im Umgang und in der Behandlung der Stacheltiere einfach fehlt, diese Art von Patienten kommt nicht so oft auf den Behandlungstisch. Man kann einen Igel nicht einfach wie einen kleinen Hund oder eine kleine Katze behandeln - das muss mit Augenmaß geschehen und Hand in Hand mit der Igelpflegestelle.
Auch wenn ein Igel ein Bein hinter sich herzieht, ein offener Bruch zu sehen ist, auch ein Igel muss sich erst erholen, einige Tage fressen, um eine mögliche OP oder einen anderen Eingriff mit Narkose zu überstehen.
Selbstverständlich muss ein dringender Notfall sofort tierärztlich versorgt werden, z.B. wenn eine Euthanasie ansteht oder jegliche Behandlung aussichtslos ist oder wenn ein Igel Schmerzmittel braucht.
Sehr wichtig ist die Protokollführung, hier vermerken Sie am besten mit Datum die täglich festgestellten Gewichte (um dieselbe Tageszeit), das Fressverhalten, die Kotbeschaffenheit (grün, weich, hart, schwarz, dünnflüssig, schleimig, blutig....) und andere Auffälligkeiten, z.B. mag nicht fressen. Dieses Protokoll ist sehr wichtig für einen Besuch in der Tierarztpraxis - der/die Tierärzt*in kennt ja Ihren Igel nicht, sieht nur die Momentaufnahme - deshalb ist es wichtig, dass man jede Einzelheit protokolliert.
Also scheuen Sie sich nicht, hier im Forum Ihre Fragen zu stellen.
Sie können uns nerven - denn wir wissen, dass viele Fragen auftauchen und dass viele Fragen zu vielen Igeln anders ausfallen können. Es gibt keine dummen Fragen und es gibt auch nicht eine Antwort im Internet auf jede individuelle Igelfrage. Manchmal ist man nämlich so überinformiert, dass es einen selbst förmlich umhaut. Und das wollen wir und Sie ja auch nicht, und der Igel schon gar nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Heike Philipps